CHRISTO IN BERLIN

7. Januar bis 31. Januar 1993.
Akademie der Künste im Marstall, Berlin.

Zweieinhalb Jahre vor der tatsächlichen Reichstagsverhüllung organisierte die STIFTUNG NEUE KULTUR eine Ausstellung mit Arbeiten zur immerhin seit 1971 geplanten Reichstagsverhüllung durch Christo und Jeanne-Claude. Zeichnungen, Collagen und ein Modell machten die Vision des Künstlerpaares deutlich. Die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth eröffnete die Ausstellung in den Räumen der Akademie der Künste. Neben den Arbeiten zur Reichstagsverhüllung wurden weitere ausgewählte Arbeiten und Fotografien von bereits realisierten Stadtprojekten gezeigt. Es handelte sich dabei um Projekte, die in der Zeit von 1962 bis 1985 in Paris, Bern, Kassel, Mailand, Rom, Kansas City und Miami entstanden waren. Anlässlich der vielbeachteten Ausstellung wurde eine Edition von Telefonkarten herausgegeben, die den „Wrapped Reichstag“ zeigt.

Reichstagsverhüllung, Foto: Joachim Sommermeier, Berlin, 1995.

Den Reichstag, das politische Symbol der deutschen Geschichte überhaupt, zu verhüllen, war nicht unstrittig. Stimmen wurden laut, die Verhüllung würde den neuen Bundestag der Lächerlichkeit preisgeben. Doch allen Vorbehalten zum Trotz konnte nicht verhindert werden, dass es im Februar 1994 einen Mehrheitsbeschluss für die Verhüllung des zukünftigen Bundestages gab. Ihn kurz vor seinem Umbau zu verhüllen, hieß auch, ihn einer neuen Sehgewohnheit und politischen Periode zu überführen. Der Umzug der Regierung nach Berlin und das Ausrufen der Berliner Republik passten gut mit der Kunstaktion zusammen. Somit konnte dank der Verhüllung auch der anhaltenden, in der Gesellschaft kritisch geführten Diskussion ob des Umzugs, etwas hinzugefügt werden.

Wie beim Künstlerpaar Christo und Jeanne-Claude üblich, finanzierten sie auch die im Sommer 1995 auf zwei Wochen befristete Reichstagsverhüllung aus silbrig glänzendem Gewebe selbst. Beide akzeptierten keine Hilfsmittel aus dritter Hand, sondern sie bestritten alle anfallenden Kosten aus Verkaufserlösen. Diese stammten aus vorbereiteten Studien, Zeichnungen, Collagen, Modellen und Originallithographien. Alle verwendeten Materialien zur Verhüllung wurden nach dem Abbau recycelt. Ebenso konnten Stoffstücke als Souvenirs käuflich erworben werden.